Kurzer Gebrauch als Problem  |  Plastikfreier Monat  |  Interview mit Tara  |  Plastikfreie Lösungsansätze  |  Weitere Infos

Plastik recyceln zu können ist eine feine Sache. Doch eigentlich schade um den Joghurtbecher, dessen Dienst nach kurzer Zeit im Kühlschrank mit dem letzten Löffel endet. So geht es vielen Kunststoffen: Kaum gebraucht, wandern Folien, Flaschen und Einkaufstaschen in die Säcke unter der Spüle, die einmal abgeholt, aus unserer Wahrnehmung verschwinden. Kunststoffrecycling hat grosse Fortschritte gemacht, dennoch wirft die kurze Nutzung dieser Ressource einige Fragen auf. Diese Fragen haben wir uns kurzerhand notiert, nach Antworten umgeschaut und dabei Tara Welschinger kennengelernt. 

Wenn «Reduce» so einfach wäre, wir würden Ihre Wertstoffe das nächste mal mit dem Kindervelo abholen kommen. Doch in der Realität kaufen wir noch immer einen Haufen Plastik, den wir nur kurz benutzen. Das gilt auch für unser Office, wo sich immer wieder Plastikverpackungen ansammeln, in denen wir einst Leckereien ins Büro transportiert hatten. Auch wir sind weit entfernt von perfekt. 


Ein Blick in den Mr. Green Bag nach einer Woche sammeln zeigt, dass sehr viel Plastik darin landet.


Anlässlich des seit 2011 stattfindenden Aktionsmonats «Plastic free July» wollten wir mit einer Person sprechen, die das ganze Jahr über plastikfrei lebt. Wir haben eine Frau getroffen, die über selbst gestellte Challenges realisierte, dass sie ganz auf Plastik verzichten wollte. Und sich dabei viel mehr mit sich selbst auseinandergesetzt hat, als mit der Frage, ob sie denn nun auch wirklich perfekt sei. 

Plastic free July
Im plastikfreien Juli geht es darum, den ganzen Monat bewusst auf (Einweg-) Plastik zu verzichten. Der weltweite Aktionsmonat motiviert Millionen von Menschen keinen Plastik zu benutzen, den Verbrauch zu reduzieren oder zumindest den eigenen Verbrauch zu reflektieren. Wie bei den guten Vorsätzen zu Neujahr ist ein kalter Entzug der Kategorie «Nie wieder», auch in diesem Falle eher schwer umzusetzen. Zwei Punkte sind daher besonders wichtig:

Es geht nicht darum, sämtliche Plastikprodukte zu entsorgen oder durch Alternativen zu ersetzen. Aufbrauchen, Wiederverwenden, Upcycling und Recycling von Kunststoffen ist immer besser als neu kaufen.

Sie bestimmen Ihre eigenen Regeln und Vorsätze. Zwang ist nicht Ziel des Aktionsmonats. Vielmehr sollen Menschen zu einer Auseinandersetzung mit dem Thema animiert und über den Juli hinaus inspiriert werden. 


Wir trafen Tara im Kreis 4 vor dem Unverpackt-Laden Foifi auf einen Schwatz über den Wandel ihrer Beziehung zu Plastik.
 

Tara, wann hast du dich entschieden, Abfall aus dem Leben zu verbannen?

Begonnen hat es 2014 auf Reisen durch Asien und Afrika, als ich mit dem weltweiten Abfallproblem «in your Face» konfrontiert wurde. Da stellte sich mir die Frage, wieviel Abfall ich wohl selbst generiere. Nach kurzer Recherche stiess ich auf die Zahl von 750 Kg Abfall, die wir als Schweizer*innen jährlich produzieren. Davon über 100 Kg Plastik. Das fand ich krass viel. Dann habe ich mir kleine Challenges gestellt: Ich versuchte nur Lebensmittel einzukaufen, die nicht in Plastik verpackt wurden. Es war fast unmöglich und mir wurde bewusst: Plastik ist überall. Dazu verschwindet in unserem organisierten System alles so effizient, dass ich mir über die Menge nicht bewusst war. Darum wollte ich mich mit dem eigenen Konsum und Verhalten auseinandersetzen. Daraus ist ein sehr interessanter Weg entstanden, auf dem ich nicht mehr umkehren möchte.

Für sehr viele Menschen klingt ein solcher Weg vor allem nach Verzicht. So wie du erzählst, erlebst du diese Entscheidung zu weniger Plastik jedoch auch als Gewinn.

Das stimmt. Für mich war der Verzicht in erster Linie eine Auseinandersetzung mit mir selbst und diese Auseinandersetzung ein Gewinn. Ich musste meine Gewohnheiten ändern, wenn ich meine Lieblingsmarke nicht mehr kaufen wollte, weil sie in Plastik verpackt war. Doch für alles habe ich eine Alternative gefunden und diese interessanten Neuentdeckungen haben mich jedes Mal aus dem Hamsterrad der Gewohnheiten katapultiert. So fand ich Produkte, die am Ende um ein vielfaches besser waren, als jene die ich bis anhin so geliebt hatte. 

Der Weg, oder die Annäherung an Zero Waste ist ein Prozess, nehme ich an. Kannst du mal erzählen, was schwierig war zu Beginn?

Als ich damit begann, war Zero Waste in der Schweiz noch kein grosses Thema. Ich musste von Pontius zu Pilatus gehen, um die Dinge zu finden, die ich brauchte. Das ist für mich auch der Grund, wieso ich solch eine grosse Freude an all diesen Unverpackt-Läden habe, die es mittlerweile fast in jedem Kanton gibt. Es geht dabei ja nicht nur darum, ökologisch zu konsumieren, sondern auch um den sozialen Aspekt, also wieviel des Kundenfrankens am Ende auch zum Produzent zurückfliesst. Dazu mag ich das Entschleunigende, das Simple. Wieso brauche ich z.B. noch eine Alternative, wenn ich mein Lieblingsjoghurt bereits gefunden habe?

Der Quartierladen Foifi bietet ein unverpacktes, plastikfreies Einkaufen von sorgfältig ausgesuchten Lebensmitteln in Bioqualität sowie natürlichen Hygiene- und Haushaltartikeln.



Gab es ein Beispiel, mit dem du sehr Mühe hattest?

Es klingt ultra kitschig, wenn ich jetzt nein sage, oder?

Haha, schon ein bisschen…

Ok, ich sage nicht, dass der Verzicht auf Chips leicht fällt. Aber die Entscheidung, gewisse Brands nicht mehr zu kaufen, die ihre Produkte in Plastik einpacken, das war meine Entscheidung. Die habe ich ganz für mich selbst gefällt. Ich hatte einfach keine Lust mehr und so fiel Schritt für Schritt das eine und das andere raus. Dabei hat mir dieser Prozess Klarheit gegeben in der Frage: was brauche ich und was nicht. 
Dabei geht es gar nicht darum, wo man auf dem Weg steht oder wie super konsequent man in allem ist. Es geht eher um einen Prozess, der zu viel mehr führen kann und dazu erst noch Spass macht. Ich stelle mir persönlich immer die Sinnfrage. Und so ergibt es für mich Sinn, kein Auto zu besitzen, denn wenn ich doch einmal Auto fahren will, dann gibts ja Mobility. 

Was würdest du jemandem raten, der sich auf diesen Weg begeben möchte, den Abfall- und Plastikverbrauch zu reduzieren?
 

Ich würde dort beginnen, wo es mich am meisten stresst. Wenn dich der Plastik stresst, dann suche nach Alternativen im Bereich Verpackung. Wenn du dich ab dem ganzen Take-Away-Shizzle aufregst, dann bring dein eigenes Geschirr mit. Ganz kleine Dinge. Dabei geht es auch gar nicht darum, was jetzt genau wieviel bringt, sondern jeder kleine Schritt führt zu einer Veränderung. Es ist relativ simpel, alles was es braucht ist der Entscheid, mit etwas nicht mehr einverstanden zu sein und Selbstverständlichkeiten in Frage zu stellen.

Gibt es oft Missverständnisse bezüglich deiner Entscheidung, ein Leben möglichst abfallfrei zu gestalten?

Nachhaltigkeit oder Zero Waste haben fälschlicherweise einen schlechten Ruf, nur etwas für Wohlhabende zu sein. Doch ich denke, das ist kreuzfalsch. Es gibt nämlich nichts günstigeres als «Reuse». Es geht um die Frage, was habe ich zuhause und wie kann ich das wieder innovativ oder kreativ einsetzen. Als Beispiel: mein take-away Kaffeebecher ist einfach ein altes Joghurtglas. Das hat mich keinen Rappen gekostet. Das ist für mich der Approach.
Oft werde ich zudem als Zero-Waste-Aktivistin hingestellt, doch am Ende vom Tag geht es darum, nicht mehr so viele Ressourcen unnötig zu verschwenden und das hat mir gefallen. Ich persönlich entscheide mich daher immer gegen Plastik. Doch was soll ich mich in das Leben anderer einmischen? Ich möchte niemandem das Gefühl geben, dass sie etwas nicht gut oder richtig machen, weil sie ganz normal einkaufen gehen – das ist mir extrem wichtig. Ich betone immer: Ich tue das für mich, weil es für mich stimmt und ich muss ja auch niemandem Rechenschaft ablegen. Ich erzähle von einer Auseinandersetzung mit mir selbst und was mir wichtig ist. Dabei gehe ich nie von einer absoluten Wahrheit aus und darum esse ich die Chips auch, wenn sie vor mir stehen. 

Danke für das Gespräch Tara.


Plastikfreie Lösungsansätze

Wir haben Tara im Vorfeld um eine Liste mit plastikfreien Alternativen gebeten, die leider den Rahmen dieses Beitrags sprengt. Wir stellten jedoch fest, dass wir eine Vielzahl der Alternativen auf ihrer Liste auch in unserem Shop anbieten. Gewisse Produkte sind zudem so clever, dass es sie bei uns im Shop, wie auch im Unverpackt-Laden Foifi zu kaufen gibt. Dabei sind unsere Alternativen nicht immer plastikfrei, helfen jedoch garantiert, den Verbrauch von Einweg-Plastik zu reduzieren.

Wo auch immer Sie Ihre Alternativen finden, in Form Ihrer persönlichen kreativen Lösung, in Mr. Greens clever kuratierten Onlineshop oder in einem Unverpackt-Laden der Schweiz – Schön, dass sie sich für ein abfallfreies Leben interessieren.

Weiterführende Links:
ZeroWaste Ladencafé Foifi
Unverpackt Schweiz
Zerowaste Switzerland
Smarticular

Wir sind auf dem Weg in eine klimafreundliche Zukunft. Erfahren Sie hier mehr.

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